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Stadtführung mal ganz anders

Uns allen lief es eiskalt den Rücken runter als Mohamad uns seine Geschichte über sein Leben in Aleppo und die Flucht nach Deutschland mit dem Boot erzählte.

Wir standen mitten in Berlin, es waren Minusgrade und obwohl wir alle durchgefroren waren hingen wir an seinen Lippen und hörten uns gefesselt und entsetzt zugleich seine Geschichte zur Ankunft in Deutschland an. In der heutigen Zeit kommt man, allein durch die Berichterstattung in den Medien, überhaupt nicht drumherum sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Jeder hört und sieht eine Menge über Syrien und die Ankunft und Unterbringung von Flüchtlingen. Jeder bildet sich dementsprechend seine eigene Meinung zu dem Thema aber nur die wenigstens Menschen sprechen tatsächlich mit einem Betroffenen und hören sich seine Geschichte und somit die Realität an.

Ich glaube das den meisten Menschen gar nicht bewusst ist was eine Flucht für einen Flüchtling eigentlich bedeutet und was ein Betroffener vorher und auch nachher alles erleben muss.

Denn die Flucht aus dem eigenen Land ist keine spontane Entscheidung die man „mal eben“ trifft und die nach 2-3 Tagen durchgeführt ist. Keine Entscheidung, die man mal eben rückgängig machen kann.

Wer sich dazu entscheidet sein eigenes Land zu verlassen hat schon viel schlimmes erfahren. Die ständige Angst vor Anschlägen, das man selbst oder seine Familie durch einen Angriff sterben könnte.

Man hat sich entschieden, sich auf einen Weg in ein neues, völlig unbekanntes Leben zu machen was nicht nur eine Menge Geld kostet, was den meisten nicht zur Verfügung steht, sondern was auch einen großen Verlust bedeutet. Denn in die meisten Fällen kann eben nicht die ganze Familie zusammen ein neues Leben beginnen. Man entscheidet sich fremden Menschen sein eigenes Leben in die Hand zu legen, ohne zu wissen, ob man überleben wird und wo man am Ende landet.

Und wenn man dann diese Flucht, die in vielen Fällen auch tödlich enden kann und ebenfalls mit vielen Ängsten und Sorgen verbunden ist tatsächlich hinter sich gebracht hat, dann befindet man sich in einem Land, das man nicht kennt. Wo man die Sprache nicht spricht, keine Freunde, geschweigenden eine Wohnung oder Arbeit hat. Niemanden, an den man sich wenden und Fragen stellen kann. Oft ist man auf sich allein gestellt und muss diese neue, völlig unbekannte Stadt, die man jetzt „zu Hause“ nennt, selbst entdecken.
Und genau da setzt die Stadtführung des Vereins Querstadtein an.

Berlin ist für Christoph und mich eine der ganz besonderen Städte in Deutschland, die wir mindestens einmal im Jahr besuchen. Jedes Jahr im März sind wir für 3-4 Nächte in unserer Hauptstadt und natürlich haben wir nach all den Jahren mittlerweile Orte, die wir immer wieder besuchen, Restaurants, in denen wir immer wieder essen und Kaufhäuser, in denen wir immer wieder Shoppen. Berlin ist aber so groß und vielfältig das wir uns immer einen ganzen Tag Zeit nehmen, um etwas neues zu entdecken. Manchmal ist es das Umland, manchmal ein Theater Besuch oder manchmal auch eine ganz besondere Führung.

Wer uns kennt weiß, dass wir ehr nicht die typischen Touristen sind, die eine „normale“ Stadtführung oder Tickets für den Hop On Hop Off Bus buchen würden. Und so habe ich mich riesig gefreut, als ich bei meiner Recherche nach außergewöhnlichen Stadtführungen in Berlin auf den Verein Querstadtein gestoßen bin.

Querstadtein bietet Stadtführungen an, die durch Flüchtlinge oder auch ehemalige Obdachlose durchgeführt werden. „Auf den Touren geht es also weniger um typische Sehenswürdigkeiten als um individuelle Wahrnehmungen. Die Stadtführer*innen berichten von eigenen Erfahrungen und setzen fremden Zuschreibungen ihre eigenen Erzählungen entgegen.“ Die Stadtführungen werden also von Menschen geleitet, die selbst eine Migrationsgeschichte haben oder mal obdachlos waren und sich in der Stadt selbst zurechtfinden mussten.

Wo übernachtet man als Obdachloser, wo wird man freundlich empfangen, welche Orte eignen sich am besten zum „schnorren“? Welche Orte erleichtern einem Flüchtling das Ankommen in einer fremden Stadt und wo bekommen Sie Hilfe. Wo finden sie gleichgesinnte? Es findet ein Perspektivwechsel statt und die (ehemaligen) Betroffenen nehmen die Gruppe mit auf eine Reise durch ihre ganz eigene Welt. Dabei schmeißen sie nicht mit verschiedenen Jahreszahlen und kulturellen Highlights um sich sondern berichten von ihrem eigenen Leben, wie es ihnen ergangen ist und wie sie gelernt haben, sich in der Stadt zurecht zu finden.

Ich hatte als letzte an der Lostrommel gedreht und den Buchstaben „A“ gezogen. Da unser Berlin Wochenende bevor stand wollte ich unsere Pärchen Aktivität gerne damit verbinden. Nachdem ich dann auf Querstadtein gestoßen war wusste ich direkt: Das müssen wir unbedingt machen. Und so verlieh ich der Aktivität den Namen „Andere Welt erkunden“.

Ich entschied mich für die Flüchtlingstour, die an einem Samstag stattfinden sollte. Unser Stadtführer war Mohamad: Bis 2015 hat Mohamad im syrischen Aleppo gelebt. Heute führt er als Stadtführer durch „sein“ Neukölln und erzählt vom Ankommen in Deutschland. Ich konnte nicht nur Christoph sondern auch seine Eltern, mit denen wir gemeinsam in Berlin waren, für diese Tour begeistern und so haben wir uns an dem besagten Samstag sehr gespannt auf den Weg zur U-Bahnstation Neukölln gemacht, wo die Tour starten sollte. Wir waren eine recht kleine Gruppe, unter 10 Personen. Alle dick eingepackt, denn es war richtig kalt und absolut nicht das beste Wetter für eine Stadtführung zu Fuß. Alle Teilnehmer hatten sich bereits gefunden als plötzlich Mohamad um die Ecke kam. Ein total sympathischer, junger und modern gekleideter Typ, der uns entgegen unserer aller Erwartungen mit einem sehr, sehr guten Deutsch begrüßte.

Zunächst erzählte er uns was wir heute alles erleben würden und dann machten wir uns auf den Weg zu den verschiedensten Orten, die ihm die Ankunft und mittlerweile auch das Leben in Deutschland zu einem schönen machen. „Hier, da gibt es die besten Falafel in ganz Berlin! Kommt rein, ihr dürft alle eine probieren“.

Im nächsten Geschäft zeigte er uns die besten Süßwaren die genau wie in seiner Heimat Aleppo schmecken. Auch diese durften wir natürlich probieren. Immer wieder begegneten wir anderen Flüchtlingen, die offensichtlich Freunde von Mohamad waren und nicht nur ihn, sondern auch uns ganz freundlich begrüßten. Aber auch in jedem Laden und an jedem Ort, zu dem uns Mohamad führte, würden wir herzlich und offen begrüßt. Fast familiär.

Tatsächlich führte unsere Route, wenn man sich Berlin als Ganzes anschaut, durch einen relativ kleinen Stadtteil und endete an der Sonnenallee. Aber innerhalb dieses Viertels zeigte Mohamad uns so viele spannende Orte, die für ihn und viele andere Flüchtlinge eine besondere Bedeutung haben, die uns als normaler „Tourist“ nicht mal aufgefallen wären. Mohamad erzählte uns seine ganze Geschichte! Sein Leben in Syrien, seine furchtbare Flucht, er erzählte uns über seine Familie, die teilweise noch in Syrien lebt. Aber eben auch über seine Ankunft in Deutschland, die Schwierigkeiten, mit denen er zu kämpfen hatte, aber auch die Hilfe, die er bekommen hat. Die Freunde die er gefunden hat. Und natürlich sein Leben wie es jetzt ist. Jede Frage, die ihm gestellt wurde, hat er offen und ehrlich beantwortet, unangenehm war ihm das gar nicht und das musste es auch nicht sein. Denn Mohamad hat ganz schon was geleistet in der Zeit, die er hier lebt, worauf er sehr stolz sein kann.

Die zwei Stunden waren trotzt dieser Kälte sehr kurzweilig. Christoph und ich hatten selten eine so interessante und spannende Stadtführung erlebt wie diese und wenn wir etwas wirklich behaupten können, dann in eine andere Welt eingetaucht zu sein! Buchstabe A perfekt erfüllt würde ich sagen!

Diese Stadtführung war eine ganz spannende und berührende Erfahrung, die wir jedem in Berlin nur ans Herz legen können. Wer diese spannende Stadt auf eine andere Art und Weise kennenlernen möchte und eben nicht viel Wert auf Jahreszahlen und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten legt, sollte sich unbedingt für eine Tour von Querstadtein entscheiden.

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